Papageienhilfe Aachen e.V.
59. Ausgabe 3/10
Für Freunde und Mitglieder

Papageienhilfe Aachen e.V.

| Inhatsverzeichnis - Ausgabe 59 |
| 1. Liebe Mitglieder und Freunde | 2. Auswirkungen des Importverbotes (Fortsetzung) | 3. Tagung über Papageienschutzprojekte in Köln |

Auswirkungen des Importverbotes - Fortsetzung aus Coco-News 58

Dies gilt zwar auch für gar nicht so wenige andere Arten, doch ist der Unterschied beim Ziegensittich besonders groß. Denn auch wenn noch feilebende Ziegensittiche existieren, so musste diese Vogelart doch verkraften, dass bereits einige Unterarten von Cyanoramphus novaezelandiae, so der wissenschaftliche Name dieses Sittichs, unwiederbringlich ausgestorben sind.

Die noch lebenden Unterarten haben, wie erwähnt, mit entsprechenden Problemen in Form von (neuen) Fressfeinden zu kämpfen. Aber auch Lebensraumveränderungen tragen dazu bei, dass der Bestand des Ziegensittichs in freier Natur alles andere als gesichert ist.

Völlig anders dagegen die Situation des Ziegensittichs in unseren Volieren. So weist die Vereinigung für Artenschutz, Vogelhaltung und Vogelzucht (AZ) e.V. in ihrer vereinseigenen Nachzuchtstatistik beispielsweise für das Jahr 2009 fast 1400 junge Ziegensittiche, für die Jahre 2008 und 2007 sogar jeweils über 2000 Nachzuchten auf. Bedenkt man nun, dass nur ein Bruchteil aller Vereinsmitglieder ihre Nachzuchten meldet, dass außerdem lange nicht alle Züchter diesem Verband angeschlossen sind und dass die Zahlen ohnehin fast ausschließlich Zahlen aus Deutschland erfassen, kann man sich vorstellen, welche Zahl an Ziegensittichen tatsächlich jedes Jahr europaweit das Licht der Welt erblickt. Und hier schließt sich der Kreis zu den eingangs gemachten Bemerkungen. Hätte man seinerzeit keine Ziegensittiche nach Europa importiert, um wie viel bedrohlicher würde sich die Situation dieses Vogels heute darstellen.

Geplante, gemäßigte und fundiert durchgeführte Importe können also durchaus nachhaltig dazu beitragen, Vogelarten vor der Ausrottung zu schützen. Insofern wäre ein Importverbot, dass jede Vogelart differenziert betrachtet und entsprechende Ausnahmen zulässt, sicher um einiges mehr dazu geeignet, sowohl wildlebenden Beständen, als auch der Artenschutzarbeit in Menschenhand, nachhaltig zu helfen.

Und was heißt das nun für den Ziegensittich? Ende gut, alles gut? Mitnichten. Denn es gibt leider ein Problem, das hier noch nicht explizit angesprochen wurde, sondern nur in einem Nebensatz indirekt Erwähnung fand: die Domestikation des Ziegensittichs, die zumindest begonnen hat, vermutlich aber schon nicht mehr in den absoluten Anfängen steckt. Deutlichstes Zeichen hierfür ist die zunehmende Mutationsbildung.

Auch der Ziegensittich ist davon nicht verschont geblieben. Auch beim Ziegensittiche gibt es inzwischen, wie zuvor schon z.B. beim Wellensittich, nicht nur einige neue Farben, die stark von der schlichten grünen Wildfärbung abweichen, sondern es gibt bereits Mutationen, die man als Sekundär-, ja als Tertiärmutationen bezeichnen muss. D.h. es handelt sich hier um Mutationen, die aus der Kombination von zwei oder gar drei ursprünglich vorhandenen Mutationen (sogenannten Primärmutationen) entstanden sind.

Die Existenz solcher Mutationen, zeugt von einer bereits fortgeschrittenen Stufe der Domestikation, da zu Beginn der Haltung einer Tierart in Menschenhand keine, später dann nur vereinzelte Primärmutationen vorhanden sind. Das bedeutet im Klartext, dass (die weitaus) meisten der bei uns gehaltenen Ziegensittiche zwar dazu beitragen, diese Art nicht aussterben zu lassen, im Ernstfall aber keinen Beitrag mehr zum Erhalt der wildlebenden Bestände mehr erfüllen können, da sie sich schlicht zu weit von den „natürlichen“ Ziegensittichen entfernt haben. Bildlich gesprochen: ein gezüchteter gelber Ziegensittich fiele Fressfeinden viel schneller (viel zu schnell) zum Opfer als seine grün getarnten wilden Artgenossen.

Insofern helfen „unsere“ Ziegensittiche dem Artenschutz zwar nicht mehr, doch gibt es bei Arten, deren Gefangenschaftsbestände wahrscheinlich für spätere Wiederansiedlungsprojekte benötigt werden, auch (heute) von vorneherein andere Strategien, um vorzeitige Inzuchterscheinungen verbunden mit früher Haustierwerdung erst gar nicht auftreten zu lassen. Was heißt das nun für den Halter und/ oder Züchter von Ziegensittichen?

Ist ohnehin alles gleichgültig, kann man also züchten wie und was man will? Mitnichten ist das so. Auch wenn die Tiere für kein Auswilderungsprogramm infrage kommen, ist es essentiell wichtig, von den bei uns gehaltenen Sittich- und Papageienarten (auch) rein wildfarbene Stämme zu erhalten.

So entsprechen die Tiere zumindest phänotypisch (äußerlich) den wildlebenden Verwandten. Eine solche Reinerhaltung wildfarbener Bestände ist leider nicht nur beim Ziegensittich über weite Strecken versäumt worden.

Hier bietet sich für engagierte Hobbyzüchter in Zukunft noch ein weites und dankbares Betätigungsfeld, denn leicht wird es nicht, die oft rezessiv, also nicht direkt erkennbar, weitervererbten Mutationen aus den grünen Vögeln „herauszuzüchten“.

Den Halter der kleinen Sittiche muss das freilich nicht unbedingt stören, und zugegeben haben auch gescheckte oder gelbe Ziegensittiche ihren ganz besonderen Reiz. Doch spielt die Farbe bei der Haltung der Ziegensittiche eigentlich keine Rolle, denn egal, wie die Tiere aussehen, man hat es hier mit einer Sittichart zu tun, die nicht nur einfach zu halten ist (vielseitig muss die Ernährung natürlich dennoch sein), sondern die durch ihren wunderbaren Charakter jeden Vogelfreund erfreut.

Allein das namensgebende Gemecker der Tiere hört sich für einen Papageien mehr als ungewöhnlich an und dürfte dabei so leise und angenehm bleiben, dass es auch Nachbarn nicht stört. Dazu kommt, dass die Tiere, jedenfalls außerhalb der Brutzeit, sehr friedlich sind und mit anderen verträglichen Vögeln, sogar kleineren Arten, problemlos vergesellschaftet werden können, genügend Platz vorausgesetzt.

Schließlich ist das Verhalten des Ziegensittichs besonders interessant. Nie sitzen die Vögel langweilig in einer Ecke, immer sind sie unterwegs und erkunden neugierig ihre Umgebung. Diese sollte daher abwechslungsreich gestaltet werden, um den intelligenten Tieren immer wieder neue Anregungen zu verschaffen und ein Abstumpfen zu verhindern.

Zu diesem Zweck sollte ihre Voliere (in Käfigen sollte man die temperamentvollen Tiere nicht halten) auch in gewissen Abständen mit frischen Ästen ausgestattet werden.

Diese bieten nicht nur wiederum Abwechslung, sondern sorgen auch für Beschäftigung und eine willkommene Nahrungsergänzung. Beachtet man also diese Grundvoraussetzungen, so sind Ziegensittiche dankbare Pfleglinge, an denen man lange Freude haben kann.

 

 

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