| Inhatsverzeichnis - Ausgabe
42 |
| 1. Liebe
Mitglieder und Freunde | 2. Grünfutter... | 3. Domestizierte
Papageien | 4. Quo
vadis, Wellensitttich? | 5. Infos
in eigener Sache |
Domestizierte Papageien?
Das Wort ‘Domestikation’ stammt aus dem Lateinischen
(‘domus’= Haus) und bedeutet ‘Haustierwerdung’:
Gemeint ist also der Prozess, in dem sich Wildtiere zu Haustieren
entwickeln. Einige Tierarten wie z.B. Wölfe und Falbkatzen
haben bereits vollständig domestizierte Formen ausgebildet
(Haushund und Hauskatze). Auch Rinder, Pferde, Ziegen, Schafe usw.
sind vollständig domestiziert.
Wie sieht es aber in der Vogelwelt aus?
Verschiedene Arten wurden früh zu Nutzzwecken gezähmt
und durchliefen einen Domestikationsprozess. Hier kann man z.B.
Perlhühner, Puten, Hühner und Enten nennen.
Bei den Ziervögeln
verhält es sich etwas anders.Reisfinken,
Japanische Mövchen und auch Kanarienvögel wurden zwar
schon früh in Käfigen gehalten und auf den Weg der Domestikation
gebracht, für Papageien und Sittiche gilt dies jedoch nicht
in dem Maße.
Dies hat verschiedene Ursachen.
Zum einen braucht Domestikation Zeit. Es werden viele Generationen
benötigt
damit sich aus Wildtieren Haustiere entwickeln können. Die meisten Papageien
und Sittiche werden aber erst seit relativ kurzer Zeit in Menschenobhut gehalten
und seit noch kürzerer Zeit wirklich ergiebig vermehrt. Gerade aber die
Vermehrung von Tieren - erfolgt sie planmäßig so spricht man von Zucht-
ist unabdingbar für die Domestikation. Denn durch die vom Menschen getroffene
Auswahl der Individuen die sich fortpflanzen dürfen erfährt das Genpotential
eine Einschränkung (da nur ein Teil der Population einer Tierart in Menschenhand
zur Fortpflanzung gelangt). Einhergehend mit dieser Einschränkung erfolgt
- wenn auch sehr langsam - eine Veränderung. Diese Veränderungen sind
sowohl genotypisch (die Erbanlagen betreffend) als auch phänotypisch (das äußere
Erscheinungsbild betreffend) festzustellen. Das bedeutet, dass sich Tiere, die
domestiziert sind oder sich in einem solchen Prozess befinden, sowohl äußerlich
als auch genetisch gesehen von ihren wild lebenden Verwandten mehr und mehr entfernen
und sich immer weiter und besser an ein Leben beim und mit dem Menschen anpassen.
Eine Grundvoraussetzung für das Leben in räumlicher Nähe zum Menschen
ist die Fähigkeit einer Tierart, ihre natürliche Scheu vor dem Menschen
abzulegen oder zumindest stark einzuschränken. Schafft eine Tierart nicht,
sich an das Vorhandensein von Menschen zu gewöhnen, so ist eine Domestikation
in der Regel kaum möglich.
Die meisten
Papageien und Sittiche haben nun diese Grundvoraussetzung ihre natürliche Scheu vor dem Menschen abzulegen, ja einige
können sogar handzahm werden und sich dem Menschen eng anschließen.
Die bekanntesten Beispiele sind hier sicherlich Graupapageien und
Aras sowie die allseits bekannten Wellen- und Nymphensittiche.
Es gibt aber auch Arten, die sich bisher nicht an ein Leben in
Menschenobhut gewöhnen ließen. Grünköpfchen
(eine recht unbekannte Agapornidenart) und die verschiedenen Vertreter
der Spechtpapageien seien hier stellvertretend genannt.
Dass Papageien
und Sittiche zahm werden können und es vor
allem unter den Großpapageien geradezu verspielte und anhängliche
Individuen gibt, heißt aber nicht, dass wir es hier mit Haustieren
im eigentlichen Sinn zu tun haben. Es gibt unter den Großpapageien
schlichtweg (noch) keine Art, die als domestiziert gelten kann.
Es handelt sich hierbei ausschließlich um gezähmte und
als Haustiere gehaltene Wildtiere. Das bedeutet, dass diese Tiere
in der Regel noch das vollständige Verhaltensrepertoir ihrer
in freier Wildbahn lebenden Artgenossen zeigen. Es hat also noch
keine Adaption (Anpassung) an das Leben beim Menschen gegeben worin
auch viele der Probleme die bei in Gefangenschaft gehaltenen Papageien
auftreten (Aggression ect.) ihre Ursache haben: Ein in der Natur
wichtiger und nützlicher Verhaltensaspekt wird in menschlicher
Obhut überflüssig und ist häufig auch (vom Menschen)
unerwünscht.
Worin zeigt sich aber ein beginnender, fortgeschrittener
oder bereits abgeschlossener Domestikationsprozess, ab wann kann
eine Tierart
als domestiziert gelten? Es ist schwierig, hier einen bestimmten
Zeitpunkt zu nennen. Innerhalb ihrer Haustierwerdung entwickelt
sich jede Tierart in eine vom Menschen gelenkte Richtung und entfernt
sich dabei immer weiter von ihren wilden Ahnen.
Dieser Prozess hat
viele Facetten und Begleiterscheinungen. So ist z.B. bekannt, dass das Gehirn
der meisten domestizierten Tiere
kleiner ist als das ihrer wilden Verwandten. Dies ist recht einfach
zu erklären, da Tiere in menschlicher Obhut weder Besonderes
leisten müssen um an Nahrung zu gelangen noch um Feinden zu
entkommen. Das Leben beim Menschen stellt also geringere Ansprüche
an die Tiere als das Leben in freier Natur in welchem sie ja
auf sich allein gestellt sind.
In welchem Zeitraum sich diese Prozesse vollziehen, wie lang
eine Tierart braucht um zu einem Haustier zu werden, das ist von Art
zu Art verschieden. Ratten und Mäuse z. B. konnten aufgrund
ihrer extrem schnellen Generationenfolge und der damit einhergehenden
sehr schnell und wirksam greifenden Zuchtauswahl durch den Menschen
innerhalb kurzer Zeit zu Haustieren ‘gemacht’ werden.
Bei Großpapageien wird dies allein aufgrund ihrer recht spät
eintretenden Geschlechtsreife verbunden mit ihrer relativ geringen
Reproduktionsrate und der damit einhergehenden vergleichsweise
langsamen Generationenfolge, um einiges länger dauern bis
man vom domestizierten Papagei sprechen kann.
Bei einigen kleineren
Arten- vor allem bei Sittichen- hat diese Entwicklung aber schon
begonnen und ist teilweise sogar schon erheblich
fortgeschritten.
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