Papageienhilfe Aachen e.V.
65. Ausgabe 2/13
Für Freunde und Mitglieder

Papageienhilfe Aachen e.V.

| Inhatsverzeichnis - Ausgabe 66 |
| 1. 25 Jahre Papageienhilfe, Grußwort des Ministerpräsidenten von Nordrhein- Westfalen, Herrn Armin Laschet | 2. Niki, der Schauspieler! | 3. Zucht und Ordnung | 4. Besuch im Gaia Zoo |

Zucht und Ordnung
oder
Warum haben Vogelzüchter ein schlechtes Image?

In der Wendung "Zucht und Ordnung" mögen sich vielleicht einige Zeitgenossen wiederfinden können und einen Teil ihrer Werte knapp zusammengefasst vertreten wissen. Andere sehen dies eher negativ, indem sie z.B. an Militärdienste oder andere, als einschränkend empfundene Dinge denken mögen. Die Zeit jedenfalls, in der "Zucht und Ordnung" als wünschenswerter Zustand hoch geschätzt wurde sind, bei aller Vorsicht, doch eher vorbei, sodass man hier verstehen kann, wenn viele Menschen den Begriff "Zucht" an dieser Stelle eher negativ besetzen.

Handelt es sich dagegen um eine Pferdezucht oder informiert man sich über Welpen aus dem Wurf einer liebevollen Hundehobbyzucht, so erfährt der Begriff der Zucht eine tendenziell positive Wendung.

Wiederum anders ist es nun beim Begriff des Züchters. Auf diesen Terminus soll im Folgenden etwas genauer geschaut werden. Jede Medaille hat zwei Seiten, gerade beim Begriff der Zucht und verwandter Termini sieht man das wie angedeutet sehr deutlich und daran ist keineswegs etwas auszusetzen. Keines der Wörter aus dem Verwandtenkreis des Wortes 'Zucht' scheint aber so ungerechtfertigt und einseitig negativ gesehen zu werden wie der Züchter. Warum ist das so?

Der vorliegende Text kann hierzu natürlich keine abschließenden Antworten geben, wohl aber Vermutungen anführen und im besten Fall zum Nach- oder gar Umdenken anregen. Zunächst einmal muss man zwischen verschiedenen sozialen Kreisen unterscheiden, wenn man über die Bewertung des Begriffs "Züchter" und über die jeweils einhergehenden Sichtweisen nachdenken möchte.

So werden Springreiter sicher keine Bauchschmerzen bekommen, wenn sie über Pferdezüchter diskutieren. Anders ist es schon, wenn Tierschützer über Wirtschaftsgeflügelzüchter reden, welche Mast- und Legehennen züchten, bzw. eher gesagt diese produzieren. Die Zucht in diesem Fall findet nämlich vorgeschaltet statt, dies hier zu beschreiben würde allerdings zu weit führen und den Rahmen sprengen.

Was aber macht nun ein Züchter eigentlich und warum läuft er mit dem was er macht Gefahr, kritisiert zu werden? Ein Züchter züchtet, so könnte man lapidar sagen, Tiere oder Pflanzen.  Was bedeutet es nun, wenn eine Pflanze oder ein Tier gezüchtet wird? Dazu muss man logischerweise schauen, was der Begriff Zucht bedeutet.

Zucht ist die planmäßige (also nicht zufällige) und somit gelenkte Vermehrung von Lebewesen. Planmäßig und gelenkt bedeutet, dass nicht irgendwelche Individuen in irgendeiner Kombination zur Fortpflanzung gelangen sondern dass kontrollierte Bedingungen vorherrschen, unter denen bestimmte Individuen miteinander geplant für Nachwuchs sorgen können bzw. sollen.

Diese planmäßige Fortpflanzung von Lebewesen kann logischerweise nur in Menschenhand stattfinden, da das Züchten selbst eine Kulturtechnik ist und daher nur von Menschen ausgeführt werden kann. In der Natur gelangen im Gegensatz dazu immer meist zufällige Individuen zur Fortpflanzung.  Das Züchten als Kulturtechnik legt also bestimmte Merkmale fest, die verstärkt bei einem Organismus hervortreten sollen. Das können z.B. bestimmte Blütenfarben oder -größen bei Rosen sein, eine besonders hohe Legeleistung bei Hühnern, Krankheitsresistenzen bei Stachelbeeren oder ein ausgeprägter Jagdtrieb bei Hunden. All diese gewünschten Merkmale sind dann sogenannte Selektionskriterien. Sie unterscheiden sich damit von den Selektionskriterien der freien Natur.

Dies allein ist allerdings kein zu kritisierender Umstand. Denn ohne vom Menschen erdachte Selektionskriterien gäbe es keine Haustierrassen. Zucht ist ein die Domestikation, also die Haustierwerdung begleitender Prozess, der eben diese Domestikation teils beschleunigt, teils überhaupt erst ermöglicht. Domestikation selber wiederum bedeutet im Grunde genommen nur, dass aus Wildtieren mit meist hoher Fluchtdistanz dem Menschen gegenüber Haustiere werden, die an das Leben bei und mit dem Menschen angepasst sind, keine oder nur noch sehr geringe Fluchtdistanzen haben und so sehr viel stressfreier in Menschennähe leben können als Wildtiere.

Im Bereich der Haustierwerdung haben Züchter also eine sehr wichtige Funktion erfüllt, sozusagen die eines Motors. Zucht und damit die Arbeit des Züchters kommt aber nicht nur bei der Formung oder Erhaltung von Haustieren (und Nutz-/ Zierpflanzen) zur Geltung.

Auch Wildtiere können in eine Situation kommen, in der sie gezüchtet werden müssen. Nämlich vor allem dann, wenn sie vom Aussterben bedroht sind. Das Zuchtmanagement, das dann einsetzt, ist allerdings ein anderes als bei domestizierten Tieren. Bei vom Aussterben bedrohten Arten soll nämlich vor allem die Art selber in ihrem natürlichen Erscheinungsbild bewahrt werden. Auch die Vermeidung von Inzucht im meist kleinen Genpool aussterbender Arten spielt eine große Rolle.

Hier ist die Arbeit von Züchtern also durchaus ebenfalls sehr wertvoll. Werfen wir nun endlich einen Blick auf die Vogel-, bzw. die Papageien- und Sittichhaltung. In diesem Bereich konnte ich, der sich selber übrigens auch als Hobbyzüchter von Vögeln bezeichnet, schon mehrfach Erfahrungen machen, die ahnen lassen, dass die Züchter von Papageien und Sittichen bei den Haltern dieser Vögel keinen guten Ruf genießen.

Ein erst neulich in einem Vogelforum gelesener Eintrag mag verdeutlichen, was hier gemeint ist. Da schrieb jemand: "Aufgrund eines Umzuges muss ich mich von meinen beiden Agaporniden trennen. Die beiden sind nur zusammen und nur in gute, erfahrene Hände abzugeben, auf keinen Fall an einen Züchter!"

Dies lässt, vorsichtig formuliert, den sachkundigen Leser doch stutzen. Abgesehen davon, dass es verschiedene Arten von Agaporniden gibt und man sich daher gerne genauere Angaben zur Art der Tiere gewünscht hätte, fragt man sich doch, welche üblen Vorurteile da den Vogelzüchtern gegenüber bestehen?

Meine bisherigen Erfahrungen sehen eher so aus, dass gerade die Menschen, die sich als Züchter bezeichnen und daher naturgemäß mehr als einen Vogel einer Art pflegen (was eine Grundvoraussetzung für die artgerechte Haltung von Papageien und Sittichen ist), diejenigen sind, welche man als besonders sachkundig bezeichnen kann.

Warum also jemand, der zwei Agaporniden pflegt, nicht bereit ist, diese an einen Züchter mit vielen Artgenossen und in der Regel viel Platz (die meisten Züchter halten ihre Tiere in Volieren, nicht wie die meisten Halter in Käfigen) abzugeben, muss der gesunde Menschenverstand nicht verstehen.

Mehr noch, woher sollen denn junge Vögel (in Zoohandlungen und sonstwo) stammen, wenn nicht von Züchtern?

Gäbe es also keine Menschen, die sich in ihrer Freizeit mit der Haltung und Zucht von Vögeln beschäftigen würden, gäbe es bald nicht einmal mehr Wellensittiche zu kaufen für den Heimvogelmarkt. Warum also werden Züchter oft so negativ gesehen?

Man kann nur mutmaßen. Unterstellt man ihnen Profitgier? Aus eigener Erfahrung sei mit Nachdruck gesagt, dass man, züchtet man Vögel, damit nichts, wirklich gar nichts verdienen kann. Zu hoch sind die Futterkosten und der sonstige Pflegeaufwand. Woher rührt dann das Unbehagen Züchtern gegenüber? Unterstellt man ihnen, dass sie ihre Tiere ausnutzen und gebrauchen?

Dass mag bei unseriösen Hundezüchtern, die ihre Hündinnen als Wurfmaschinen verwenden noch angehen, aber doch nicht bei einem Züchter von ein paar Sittichen oder Papageien. Es ist sehr bedauerlich, dass Vogelzüchter häufig mit Vorurteilen zu kämpfen haben obwohl doch erst sie es möglich machen, dass jeder, der das möchte, Wellensittiche oder andere Vögel zu Hause pflegen kann. Ohne Züchter gäbe es entweder keine Heimvögel mehr oder man müsste auf wildgefangene Tiere zurückgreifen. Letzteres ist seit dem EU-Importverbot erstens unmöglich, zweitens auch ohnehin moralisch fragwürdig.

Vielleicht kann also ein kleiner Kniff zur Versöhnung führen. Züchten heißt wie weiter oben aufgeführt, die Fortpflanzung von Tieren planmäßig zu steuern. In diesem engen Sinne sind viele Vogelzüchter gar keine Züchter. Sie sind Vermehrer. Sie stellen so ideale Bedingungen her, dass sich ihre Zöglinge fortpflanzen. Es ist ihnen egal, welches Männchen sich mit welchem Weibchen verpaart (in einer großen Voliere mit einem Schwarm aus 30 Wellensittichen z.B.). Insofern wäre es dem Schreiber des oben erwähnten Foreneintrages vielleicht möglich, die zwei Agaporniden, die wegen eines Umzuges abgegeben werden müssen, in gute, sachkundige Hände abzugeben, bevorzugt in die eines Vogelvermehrers ("-züchters"). Meine Welt würde dann jedenfalls wieder mehr Sinn machen.

Wie ist Ihre Meinung zum Thema Vogelzucht/ -züchter? Schreiben Sie uns gerne Ihre Ansichten und Erfahrungen zum Thema!

 

 

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