Nun ist es also doch geschehen: der Vogelpark Plantaria in Kevelaer-Twisteden hat Anfang 2010 seine Pforten geschlossen. Schon seit längerer Zeit hatte der Ende der Neunziger Jahre von Werner Neumann gegründete Park finanzielle Probleme.
Die Papageienhilfe Aachen hat also mit ihrer Fahrt am 25. April 2009 eine der letzten Gelegenheiten genutzt, den Park noch zu besichtigen. Allen, die mitfahren konnten, dürfte der Park in guter Erinnerung geblieben sein. Eine große Artenvielfalt, nicht nur innerhalb der Psittaciformes (Papageien), sondern darüber hinaus auch innerhalb vieler anderer Ordnungen (Hühnervögel, Greifvögel), ließen den Besuch des Parks zu einem interessanten Erlebnis werden. Neben Vertretern der genannten Ordnungen wurden außerdem noch verschiedene Singvogelarten, Wattvögel und sogar Lemuren, Känguruhs und Reptilien dem Publikum präsentiert.
Wir hoffen, dass alle Tiere des Parks ein gutes neues Zuhause finden
Woran also lag es, dass der Park am Ende doch nicht bestehen konnte und die laufenden Kosten die Einnahmen in solchem Maße überstiegen, dass eine Schließung unumgänglich war? Es ist schließlich keineswegs so, dass es am Niederrhein ein Überangebot an zoologischen Einrichtungen gibt. Auch wurde Plantaria von der Fachwelt gut angenommen, viele Fachveranstaltungen, so beispielsweise Treffen verschiedener Interessengemeinschaften, Tagungen der World Pheasant Association, Artenschutztage und vieles mehr, wurden dort abgehalten.
Aber genau hier ist womöglich auch das entscheidende Problem von Einrichtungen wie Plantaria zu finden: die Spezialisierung, welche eben insbesondere das Fachpublikum anspricht. Durch eine solche Spezialisierung auf eine Ordnung (Vögel, Reptilien etc.) ist es zoologischen Einrichtungen möglich (wie übrigens auch privaten Züchtern, diese würden sich im Falle einer Spezialisierung freilich für eine Gattung oder gar nur eine Art entscheiden), sich genau den Bedürfnissen dieser Tierordnung anzupassen.
Man kann also das gesamte Konzept der entsprechenden zoologischen Einrichtung auf die Haltung, Zucht und sowohl publikumswirksame als auch artgerechte Präsentation von z.B. Vögeln ausrichten. Dadurch ergeben sich einige Vorteile, welche die so entstehenden spezialisierten Vogelparks gegenüber „allgemeinen Zoos“ für sich verbuchen können. Wenn der gesamte Park auf Vögel ausgerichtet ist (es soll der Einfachheit halber nur das Konzept des Vogelparks betrachtet werden, für andere spezialisierte Einrichtungen wie Reptilienzoos gilt sinngemäß Ähnliches), so besteht in weit höherem Maß die Möglichkeit, auch hochspezialisierte Arten (sei es in der Ernährung oder bezüglich der geforderten Platzbedürfnisse) erfolgreich zu halten und auch zu vermehren, als es in „normalen“ Zoos möglich ist, die sich „nebenbei“ auch noch um eine Gruppe Elefanten und eine größere Ansammlung von Primaten kümmern müssen.
Die Spezialisierung auf nur eine Tiergruppe lässt also innerhalb dieser Tiergruppe eine weit größere Artenvielfalt zu, für welche auf dem vorhandenen Gelände ausreichend Platz vorhanden ist, als das eben in herkömmlichen Zoos, die ja einen Durchschnitt aus allen Tiergruppen beherbergen müssen, möglich wäre. Experten wissen das in aller Regel sehr zu schätzen. Ornithologische Dissertationen können im Vogelpark Walsrode mit seiner immensen, nämlich weltgrößten, Vogelsammlung selbstverständlich besser entstehen, als andernorts. Aber, wie angedeutet, ist hier auch die zweite Seite der Medaille zu berücksichtigen.
Besonders für Ornithologen ist es wichtig und interessant, eine möglichst große Anzahl von Vogelarten zu betrachten und am selben Ort vergleichen zu können. Noch wichtiger ist das gerade Genannte im Falle von Unterarten. Selten ist es möglich, wie es in Plantaria beispielsweise der Fall war, mehrere Unterarten aus der Gattung der Rotschwanzsittiche (Pyrhurra) direkt nebeneinander betrachten und die kleinen Unterschiede vergleichen zu können.
Und hier ist es also, das große Problem spezialisierter Einrichtungen: die Unterschiede zwischen den gezeigten Arten bzw. Unterarten sind oft nur gering und nur für das geübte Auge zu erkennen und dementsprechend interessant. Für eine Familie, welche sich „nur“ vom Alltag erholen will und in einem Zoo möglichst viele verschiedene, interessante Tierarten erwartet, ist es nicht unbedingt attraktiv, zehn Volieren mit mehr oder weniger gleich gefärbten Papageien zu sehen.
Hier ist es sinnvoll, wie z.B. im Loro Parque auf Teneriffa, auch andere Attraktionen in den Park zu integrieren. Geschieht das nicht, so läuft man Gefahr, zwar beim Fachpublikum beliebt und anerkannt zu sein, beim Gros der Bevölkerung jedoch nicht den nötigen großen Zuspruch zu finden, da man schlicht als „langweilig“ gilt, getreu dem Motto, „da sitzen in jeder Voliere nur grüne Papageien, sehen alle gleich aus“.
Gerade aber auf die Bevölkerung und hier besonders auf Familien mit Kindern sind zoologische Einrichtungen nachhaltig angewiesen, bringen diese doch die meisten Einnahmen in Form von Eintrittsgeldern. Ob dieses Ausbleiben der Publikumsströme aufgrund zu hoher Spezialisierung nun auch das entscheidende Problem von Plantaria war, muss freilich hier offen bleiben, eine der in Frage kommenden Möglichkeiten ist es jedoch sicherlich.
Vermutlich spielten andere Gründe (Infrastruktur etc.) ebenso eine Rolle, schließlich gibt es meist eine Vielzahl von Gründen, die zu einer bestimmten Entwicklung führen. Doch nicht zuletzt der große und berühmte Vogelpark Walsrode hatte vor einiger Zeit ebenfalls ernsthafte Liquiditätsprobleme und konnte nur in letzter Sekunde durch einen Investor vor der Schließung bewahrt werden.
Genau das kann nun, wenn auch mit weniger deutlichem Happy End, auch im Falle von Plantaria passieren.
Das Gelände, auf dem der Park untergebracht ist, wurde von einer benachbarten Firma übernommen, und wird von dieser nun dazu verwendet, das eigene Angebot entsprechend zu erweitern. Das Wichtigste hierbei ist sicherlich, dass für das Wohl der Tiere gesorgt wurde. Ob es nun irgendwann wieder möglich sein wird, am Niederrhein exotische Vögel in geräumigen und vorbildlich naturnah eingerichteten Volieren betrachten zu können, ist heute noch nicht abzusehen. Zu hoffen wäre es.
Das Eulenküken verabschiedet sich nun vom Vogelpark...