Papageienhilfe Aachen e.V.
49. Ausgabe 2/07
Für Freunde und Mitglieder

Papageienhilfe Aachen e.V.

| Inhatsverzeichnis - Ausgabe 49 |
| 1. Liebe Mitglieder und Freunde | 2. Ein Kommentar | 3. Hinweis in eigener Sache | 4. Tipps zur Haltung von Wellensittichen |

Kommentar: EU-Importverbot für Wildvögel

Am 11. Januar 2007 ist das eingetreten, was schon lange im Raum stand und auf das viele gehofft haben oder, je nach Position, das befürchtet wurde:

Die EU hat auf Empfehlung des „Ständigen Ausschusses für Gesundheit“ ein dauerhaftes und generelles Importverbot für wildgefangene Vögel ausgesprochen. Dies gilt für alle Wildvögel und ist für alle EU- Mitgliedsstaaten verbindlich gültig. Dieses Importverbot wird im Sommer 2007 in Kraft treten und löst dann die mehrfach verlängerten befristeten Importverbote, welche aufgrund des Auftretens des Vogelgrippevirus H5N1 ausgesprochen wurden, ab.

Das Vogelgrippevirus H5N1 ist dann auch die maßgebliche Begründung für das neue unbefristete Importverbot. Man kann nun zu dem Importverbot stehen wie man will, das genannte Virus als Begründung heranzuziehen, ist recht weit hergeholt, fadenscheinig und zieht zwangsläufig eine Argumentation nach sich, die auf dünnem Eis steht. Tatsächlich ist noch kein einziger Fall bekannt, bei dem das H5N1-Virus von einem Wildvogel auf einen Menschen übertragen wurde. Alle bisherigen Ansteckungen des Menschen sind ausschließlich auf engen und engsten Kontakt mit Hausgeflügel zurückzuführen. Aber genau die Ansteckungsgefahr für Menschen, die angeblich von wilden Vögeln ausgeht, hat nun letztendlich zu diesem sehr weitgreifenden Importverbot geführt. Schon jetzt lässt sich konstatieren, dass es einen ähnlich massiven und folgenreichen Einschnitt in der gesamten bisherigen Geschichte der Vogelhaltung nicht gegeben hat.

Entsprechend breit und auch vielseitig ist das Echo in der Fachpresse. Die Befürworter des Verbots freuen sich und erkennen hier den langersehnten Durchbruch ihrer Bemühungen. In der Tat ist es so, dass jeder, der schon Bilder unorganisierter Massenimporte verschiedener Vogelarten gesehen hat, froh sein muss, wenn diese bald der Vergangenheit angehören sollen.

Zu Hunderten in Kisten zusammengepferchte Graupapageien (Psittacus erithacus) z.B., welche teils krank oder gar tot in den Empfängerländern ankommen, junge Amazonen, zu deren Entnahme ganze Brutbäume gefällt und damit für immer zerstört werden, oder Loris, die brutal mit Leimruten oder Schlingen gefangen werden und oft schon dabei verletzt oder getötet werden, sind als völlig inhumane Vorgänge aus tierschützerischer Sicht kategorisch abzulehnen.

Auch werden noch immer Arten importiert, deren Nachfrage längst aus Inlands- oder zumindest EU-Nachzuchten gedeckt werden könnte. Solange es aber preiswerte Importvögel gibt, werden diese jedoch teilweise von uninformierten Käufern eben aufgrund des günstigeren Preises gegenüber Nachzuchtvögeln bevorzugt erworben, und Züchter bleiben auf ihren Jungtieren sitzen.

Auch wird in der Diskussion zu Recht unterstrichen, dass es unkontrollierte Importe für den Heimtiermarkt waren, die Arten wie z.B. den Spixara (Cyanopsittacus spixii) an den Rand der völligen Ausrottung brachten und sein Aussterben in freier Wildbahn letztlich auslösten, zumindest jedoch beschleunigten.

All dieses sind wichtige und starke Punkte, die ein Importverbot stützen und als richtige und längst überfällige Maßnahme erscheinen lassen. Trotzdem sollte man kritisch hinterfragen, ob es nun wirklich nur Grund zu purer Freude gibt und man sich entspannt zurücklehnen kann. Ich meine nicht unbedingt, da bei der Bewertung des völligen Importverbots auch noch andere Aspekte Beachtung finden müssen. Zum einen kann man provokant fragen: Wer von den für tierschutzwidrige Importe Verantwortlichen wird sich an eine solche gesetzliche Maßnahme halten?

Es besteht die berechtigte Befürchtung dass genau die Adjektive „unbefristet“ und „generell“ Gefahr laufen, Ursache dafür zu werden, dass ein solch massiv einschneidendes Verbot wie jetzt ausgesprochen, den „Schuss nach hinten losgehen lassen“ und also genau das verstärkt wird, was verhindert werden sollte: Die für Lebewesen unwürdigen Importe unter haarsträubenden Bedingungen.

Gibt es nämlich keine legalen Wege der Einfuhr mehr, die wie bisher als eine Art Ventil dienen konnte, besteht zumindest die Möglichkeit, dass entsprechende Kreise andere illegale Strategien der Einfuhr suchen und finden werden. Das soll nicht heißen, dass man aus Angst vor illegalen Machenschaften alles so lassen soll wie bisher.

Es erscheint aber eben doch auch fraglich, ob eine so übertriebene Reaktion wie ein absolutes Verbot nicht allzu deutlich die Handschrift einer politischen Überreaktion (nach Jahren und Jahrzehnten der relativen Untätigkeit) trägt. Um ein Vielfaches konstruktiver wären wie so oft auch in diesem Fall wohlüberlegte Kompromisse.

Wie gesagt, es kann nicht darum gehen, alle bisherigen Importe so weiter laufen zu lassen, nur um illegale Importe zu verhindern oder einzudämmen (diese gibt es ohnehin, die Befürchtung besteht eben in einer eklatanten Zunahme derselben). Aber man sollte doch bestrebt sein, eine etwas differenziertere Position einzunehmen als jetzt leider geschehen. Das hieße im Klartext:
Nicht das absolute Verhindern aller Importe wird die Avifauna retten, sondern die genaue Betrachtung der Situationen einzelner Arten. Niemand benötigt im Ernst wildgefangene Blaustirnamazonen (Amazona aestiva), Graupapageien oder Mohrenkopfpapageien (Poicephalus senegalus).

Hier wäre es schon vor Jahren nötig gewesen, hart gegen die entsprechenden Einfuhren vorzugehen. Alleingänge wie das Exportverbot Kameruns halfen und helfen da wenig, da in solchen Fällen die Wildfänge eben aus Nachbarländern exportiert wurden. Nur eine kollektive Zusammenarbeit aller beteiligten Länder (also Heimatländer der Tiere und die sie „konsumierenden“ Industrienationen) kann hier Abhilfe schaffen.

Für diese Arten mag das Importverbot greifen, da ihr materieller Wert auch in der Regel nicht groß genug ist, um aufwendige illegale Sendungen zu organisieren. Das Problem eines solchen Importverbots tritt vielmehr da zutage, wo der Fokus auf in der Natur bedrohte und/oder materiell wertvolle Arten fällt. Woher die Bedrohung kommt, ist zuerst einmal sekundär.

Wichtig ist allein die alarmierende Botschaft, dass immer mehr unserer Vogelarten bedroht sind oder gar direkt oder in naher Zukunft vor der Ausrottung stehen. Für diese Arten sind Erhaltungszuchtprogramme in zoologischen Gärten und bei versierten Privathaltern oftmals die letzte Chance.

Dass solche Projekte Erfolg haben können und eine Wiederansiedlung bedrohter Vögel möglich ist, zeigen prominente Beispiele wie das der Hawaiigans. Darf man in Zukunft keine Tiere mehr der Natur entnehmen und in entsprechende Einrichtungen verbringen, bliebe wohl nur der mehr als fragwürdige und lächerlich unreflektierte Slogan vom „Aussterben in Würde“.

Es wäre also an der Zeit gewesen, ein durchdachtes und für viele Arten gültiges Importverbot zu initiieren, vor allem, um die unnötigen und verlustreichen Massentransporte endlich zu unterbinden. Ob man aber mit einem solch harten Rundumschlag wirklich der Sache des Artenschutzes und damit den Tieren selber dient, bleibt abzuwarten, erscheint momentan aber mehr als fraglich.

Viel zu wahrscheinlich sind illegale Einfuhren, die, da sie im Verborgenen ablaufen müssen, die Tiere noch stärker als bisher einpferchen und quälen werden. Die illegalen Kakaduimporte aus Australien, die auch noch fast 50 Jahre nach Eintreten der australischen Ausfuhrsperre erfolgen, sind ein leider eindrucksvolles Beispiel. Darüber hinaus besteht die große Gefahr, Steine in den Weg zur Rettung bedrohter Vogelarten gelegt zu haben, es besteht die Gefahr, dass Arten aus den Volieren der Zoos und Züchter aufgrund einer zu geringen genetischen Variabilität verschwinden und sie ebenso durch Lebensraumzerstörung in der Natur aussterben und damit durch Menschenhand unserem Planeten für immer unwiederbringlich verloren gehen.

Besonders tragisch ist das Ganze, wenn man den Eindruck hat, dass Verantwortliche in der Politik jahrelang passiv blieben, um schließlich mit einem Faustschlag mehr durchzusetzen als gesund gewesen wäre.
Es bleibt abzuwarten, was alle Beteiligten daraus machen werden und ob es noch gelingt, konstruktive und für Natur und Tiere wirklich sinnvolle Veränderungen anzubringen.

Niklas Horcher ( Vorsitzender der Papageienhilfe Aachen e.V.)

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