Papageienhilfe Aachen e.V.
46. Ausgabe 2/06
Für Freunde und Mitglieder

Papageienhilfe Aachen e.V.

| Inhatsverzeichnis - Ausgabe 46 |
| 1. Liebe Mitglieder und Freunde
| 2. Ein Ausflugstipp | 3. Handaufzucht |

Handaufzucht

Die Papageienhaltung und vor allem -Zucht haben in den letzten Jahrzehnten eine rasante Entwicklung und einen enormen Aufschwung erlebt. Durch die Verbesserung der Ernährung ist es nunmehr möglich, auch in der Fütterung anspruchsvolle Arten- hier sind besonders Loris und andere nektarfressende Arten zu erwähnen- erfolgreich zu halten und zu vermehren.
Durch die industrielle Herstellung von verschiedensten Futtermitteln, meist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zusammengestellt, können auch Nahrungsspezialisten unter den Papageien einfach und mit relativ geringem zeitlichen Aufwand artgerecht ernährt und zur Fortpflanzung bewegt werden.

Zuallererst gehört die Fortpflanzung zum natürlichen Lebenszyklus von Tieren und das Schaffen von Rahmenbedingungen, die den gehaltenen Arten die erfolgreiche Jungenaufzucht ermöglichen, trägt dazu bei, dass die Individuen ihr ganzes Verhaltensspektrum ausleben können. Daher ist es natürlich durchaus zu begrüßen, wenn die Halter ihren Pfleglingen die Möglichkeit zur Fortpflanzung geben. Einer der häufigsten Gründe für den Wunsch nach Jungvögeln ist dann auch sicherlich schlicht und ergreifend die Freude am Geschehen selbst, das Miterleben des Aufwachsens der Küken, das Beobachten von Eltern und Jungen im Familienverband. Hier stellt die Vogelzucht ein Hobby dar und wird um ihrer selbst willen als Alltagsbereicherung betrieben. Geschäftliche Interessen sind nicht vorhanden oder stellen allenfalls einen unbedeutenden Randaspekt dar.

Anders verhält es sich freilich im Falle des professionellen Züchters/  Händlers, der eine Vogelzucht (oder -Handel) als materielle Grundlage seines Lebens betreibt. Vor allem hier ist deshalb – da existentiell bedeutsam- eine effektive Gestaltung des Zuchtgeschehens vonnöten. Eine der möglichen Maßnahmen hierfür ist die künstliche Aufzucht der Jungen durch den Menschen, die sogenannte Handaufzucht.

Die Handaufzucht hat einige wichtige Vorteile, beinhaltet aber auch Nachtteile je nach Sichtweise und Standpunkt.

Im Folgenden soll versucht werden, wichtige Aspekte des Themas Handaufzucht zu umreißen und zu diskutieren. Auf eine abschließende Bewertung wird absichtlich verzichtet, besonders, um deutlich Raum zu lassen zu einer eigenen Meinungsbildung.

Im schon angesprochenen Fall eines gewerblichen Züchters dient die Handaufzucht vornehmlich der Erfüllung ökonomischer Ziele: Die Elterntiere werden nach Wegnahme der ersten Brut schneller zur Zeitigung eines Nachgeleges angeregt, was natürlich ein Mehr an Jungtieren in kürzerer Zeit bedeutet. Dieses "Zwingen" der Eltern zu einer neuen Brut darf nicht überbewertet werden. Auch in der Natur kann der Verlust eines Geleges z.B. durch Unwetter oder Nesträuber vorkommen. Problematisch wird es allerdings, wenn die Alttiere durch fortlaufende Gelegewegnahmen zu Eierproduzenten verkommen. Hier findet dann eine Ausbeutung der Tiere statt, was natürlich aus verschiedenen Gründen (u.a. körperliche Schwächung der Tiere) nicht gutzuheißen ist.

Werden junge Papageien nun von Hand aufgezogen, so hat dies weitere Folgen, die beleuchtet sein wollen. So ist die Handaufzucht ein enorm intensiver Prozess, der nicht nur aufgrund von investierter Zeit sondern ebenso wegen des teuren Aufzucht-Futters recht hohe Kosten verursacht. Dies wiederum ist einer der Gründe, weshalb handaufgezogene Jungvögel meist deutlich teurer sind als Naturbrutvögel.

Die mehr oder weniger ausgeprägte Zahmheit von durch Menschen aufgezogenen Tieren lässt den Preis außerdem noch steigen, da dies wohl DIE Eigenschaft schlechthin ist, welche Halter fasziniert und zum Kauf von Handaufzuchten veranlasst. Diese absolute Vertrautheit solcher Vögel dem Menschen gegenüber birgt aber auch Risiken bzw. Nachteile. Die Tiere haben, vor allem wenn sie ohne Artgenossen aufgezogen wurden, den Menschen als ihresgleichen kennen gelernt. Somit wählen sie – besonders bei weiterem Fehlen anderer Papageien – einen Partner unter den Menschen aus.

Dies wiederum hat für andere Menschen der Familie oft empfindliche Konsequenzen. Die Vögel werden nach einigen Jahren, mit Erreichen der Geschlechtsreife, aggressiv, fangen an zu beißen und verlieren, zumindest phasenweise, während der Fortpflanzungszeit im Frühling alle Umgänglichkeit, die sie besaßen.

Dies liegt nicht nur aber auch daran, dass sie auf den Menschen geprägt sind und keinerlei Hemmschwellen besitzen. Freilich gilt dies nicht für alle Arten. Vor allem afrikanische Papageien sowie Sittiche und Kleinpapageien können ein Leben lang sehr umgänglich bleiben, während zum Beispiel Amazonen recht häufig aggressiv werden und damit den Umgang mit ihnen erschweren.

Ein ganz anderer, moralisch sicher leichter zu rechtfertigender Grund für die Handaufzucht von Papageien, ist die Seltenheit einzelner Arten. Hier greift man zu dieser Methode, um das Risiko von Naturbruten auszuschalten und so möglichst viele Einzelexemplare der teils hochbedrohten Spezies zu erzielen. Dies ist leider oft dringend nötig, um überhaupt noch die Chance zu haben, eine Art vor dem Aussterben zu bewahren. Der Spixara ist hierfür wohl eines der prominentesten Beispiele.

Wie sieht die Handaufzucht aber nun für die Vögel aus? Welche Auswirkungen hat sie? Hierzu gibt es leider noch nicht allzu viele wissenschaftlich gesicherte Ergebnisse und entsprechend viele Meinungen werden vertreten, je nachdem welchem „Lager“ sich eine Person zuordnet. Der schlechteste Fall für den Vogel ist sicherlich, die isolierte Aufzucht ohne Artgenossen. Hier hat er keine Chance sich zu sozialisieren und somit arteigenes Verhalten zu erlernen. Eher zu befürworten und für die Tiere besser ist die gemeinsame Aufzucht von artgleichen oder wenigstens nah verwandten und ungefähr gleichaltrigen Tieren. In diesem Fall ist der Kontakt zum Menschen weniger eng und die Tiere lernen voneinander immerhin einige Aspekte artspezifischen Verhaltens.

Die Handaufzucht von Papageien bleibt ein schwieriges Thema, welches kontrovers diskutiert wurde und wird wie kaum ein zweites. Ein Fazit ist dann auch allenfalls auf subjektiver Ebene möglich. Mittelwege, zum Beispiel der Einsatz von Handaufzucht in Notfällen oder erst ab der 5. Lebenswoche, mögen Kompromissvorschläge für diesen umfangreichen Themenkomplex andeuten.

Ihre Meinung interessiert uns: Haben Sie Erfahrung mit handaufgezogenen Vögeln? Können Sie Vergleiche ziehen zu in Naturbrut aufgewachsenen Artgenossen? Schreiben sie uns, was Sie über dieses Thema denken.

 

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